Deutschland, 2008
Kinostart: 11.09.2008

Und vergesst nicht, die Kette vor zu machen.

Deutschland, 1968. Eigentlich sollte der Westen Ruhe, Frieden, Freiheit und Wohlstand bringen, doch Irene Strieslow (Katharina Schubert) fühlt sich überhaupt nicht wohl. Überall sieht sie Gefahren lauern, seien es Einbrecher, russische Panzer oder die Kolleginnen ihres Mannes (Oliver Stokowski), mit denen er sie ganz bestimmt betrügt.
Ihre Kinder beschließen, etwas gegen Muttis Kummer zu unternehmen.

Die oft bemühte und längst mit dem Zug davongefahrene Ostalgie soll den Zuschauer von Neele Leana Vollmars Film Friedliche Zeiten wohl an den Sitz nageln, und dieser Aspekt ist auch wirklich gelungen. Das Ambiente wirkt liebevoll altmodisch, von Kleidung und Frisuren über die Autos bis hin zu den Kamerafiltern. Zudem sind die Darsteller bis in die Nebenrollen gut, und auch die Regie gefällt.
Das Problem ist, dass die Geschichte einfach brunzlangweilig geraten ist. Das Drumherum verspricht eine Auseinandersetzung mit Irenes Zerrissenheit zwischen dem Sicherheitswahn des Ostens und der Freiheit des Westens, doch geht es letztlich um nichts anderes als das Auf und Ab einer Ehe, das sich in jeder anderen Zeit, in jedem anderen Land genau so hätte abspielen können. Auch die Figuren vermögen wenig Interesse zu wecken. Irene ist nicht unsympathisch, sägt jedoch mit ihrer permanenten Paranoia gehörig an den Nerven. Ihr Mann Dieter zeigt kaum eigene Charakterzüge, er reagiert lediglich auf das, was seine Frau macht und sagt. Hat er ein Verhältnis, oder hat er keins? Diese Frage kann keinerlei Dramatik aufbauen, und auch die große Auflösung wird zwischen Tür und Angel abgehandelt. Der nüchterne Blick, mit dem die beiden Töchter das Treiben verfolgen, ist eine Weile lang charmant, vor allem da die beiden Jungschauspielerinnen Nina Monka und Leonie Charlotte Brill ihre Rollen hervorragend ausfüllen. Doch mit der Zeit trägt auch diese Emotionslosigkeit, die durch die subjektive Erzählweise den gesamten Film durchzieht, zur wachsenden Langeweile bei.
Ein satirischer Blick auf die aktuelle Tagespolitik, die sich zwischen Sicherheit und Freiheit genauso zerreißt wie Irene, bleibt leider ebenfalls aus - nicht tragisch, aber eine vertane Chance.

Neele Leana Vollmars Friedliche Zeiten bietet gute Darsteller in gut gemachter Kulisse, doch wenn die erzählte Geschichte zu keiner Zeit packen kann, was bringt’s?

Felix Flex” Dencker