USA, 2008
Kinostart: 23.04.2009

Legenden unter sich

Im Chicago der Fünfziger Jahre heuert der junge polnische Emigrant Leonard Chess (Adrien Brody) eine chaotische Bluesband für seine kleine Bar an. Er erkennt das Talent, vor allem jenes von Gitarrist Muddy Waters (Jeffrey Wright) und dem aufbrausenden Mundharmonikaspieler Little Walter (Columbus Short) und organisiert eine Aufnahmesession in einem Studio. Wider Erwarten wird die Scheibe ein Erfolg und Chess gründet seine eigene Plattenfirma, Chess Records. Jedem seiner Musiker, der Charterfolge aufweisen kann, belohnt er mit einem Cadillac, und über die Jahre hinweg schafft er es, Jahrhunderttalente wie Chuck Berry (Mos Def), Howlin’ Wolf (Eamonn Walker) und Etta James (Beyoncé Knowles) hervorzubringen. Mit letzterer verbindet ihn jedoch nicht nur eine rein geschäftliche Beziehung.

Die Regiearbeit des hauptsächlich im Tv-Bereich aktiven Regisseurs Darnell Martin, der auch das Drehbuch schrieb, krankt hauptsächlich am überambitionierten Grundkonzept: Der Film möchte Zeitdokument, Biopic und Musikfilm in einem sein und bietet im Endeffekt zu wenig von allem. Die Charaktere bleiben weitgehend flach, wobei vor allem Howlin’ Wolf und Chuck Berry derart klischeehaft und oberflächlich behandelt werden, dass kaum mehr als Karrikaturen übrig bleiben. Muddy Waters, Little Walter und Etta James bekommen zwar ein wenig mehr Zeit zugestanden, werden aber immer dann, wenn es spannend wird, durch das ständige Sich-die-Klinke-in-die-Hand-geben drehbuchmäßig fallgengelassen. Auch Leonard Chess, bei dem es weitaus einfacher gewesen wäre, ihn als zentrale Hauptfigur zu etablieren, kommt einfach zu kurz. Sein privates Dilemma rund um die aufkeimende Beziehung zur instabilen Soulkönigin Etta James wird viel zu spät thematisiert, um das Interesse des Publikums noch auf sich ziehen zu können. Die politische Komponente, von der strikten Rassentrennung bis zur Bürgerrechtsbewegung, wird ein ums andere Mal geschickt in die Handlung eingesponnen, wirkt aber trotz allem wie eine Pflichtübung ohne den nötigen Nachdruck.

Das große Plus von Cadillac Records ist, neben den guten, wenn auch keineswegs überragenden Darstellerleistungen, die über jeden Zweifel erhabene Musik. R&B-, Blues-, Soul- und Rock’n’Roll-Liebhaber werden deshalb sicherlich auf ihre Kosten kommen. Wer den Soundtrack sein Eigen nennt, kann sich den Kinobesuch allerding getrost ersparen.

Michael Eminence” Reisner